Zuletzt versunken (in)

Ein bezeichnendes Bild. Wie tauche ich nun wieder auf?

Vielleicht indem ich erzähle – und das Bild ein bisschen weitertrage. Worin bin ich zuletzt versunken? Was hat mich eintauchen und wieder auftauchen lassen?

Versinkende Apfelstücke

— versinken: »unter die Oberfläche von etwas geraten«

Im Frühling war es ein Buch von Hanns-Josef Ortheil. Dinge begleiten mich bewusst unbewussst, bis sie dran sind. Aufmerksam auf die Bücher von HJO machte mich einst Nina. Wir lernten uns damals kennen über das, was ich ins Internet schrieb, in meinen »alten« Blog. Verbrachten Tage in Cafés, auf Ausflügen, in Gesprächen. Oft machte Nina mir eine Liste mit guten Dingen, von denen sie dachte, sie könnten mir gefallen. Als Buchhändlerin legte sie mir auch einen imaginären Bücherstapel an. Auf ebendiesem lag Hanns-Josef Ortheil nun 14 Jahre. Durch Zufall (ja wirklich? ;)) fand ich »Der Stift und das Papier« nun in einem Bücherschrank.

Nach der Lektüre sage ich groß, es ist eines der Bücher meines Lebens. Es hat mich tief gerührt; ich habe es so oft beiseitelegen müssen, um kurz innezuhalten. War artig verzaubert von dieser Präzision des Be-Schreibens, diesen vielen kleinen Gefühlen eines Lebens, einer Kindheit, die mir fremd und doch so nah ist. Der Autor nähert sich dem Schreiben als Kind, das nicht spricht, durch die »Schreibschule« seiner Eltern, die Sprache durch Landschaft, Raum, Alltag, Natur auf eine systematische, aber auch spielerische Weise vermittelt. Darum geht es, Tag für Tag. Ich freue mich so, dass dieser Kreis ein (langer) Weg ist, den ich jetzt erlesen darf. Im Goethe-Museum hörte ich unlängst seine Gedanken über das Schreiben »Nach allen Regeln der Kunst«. Anschließend las ich »Die Erfindung des Lebens«, bald stürze ich mich in »Paris, links der Seine«.

Apropos: Paris.

Hemingways »Paris, ein Fest fürs Leben« findet nicht nur einen Verweis in Ortheils Werk, sondern ist ein weiterer Hinweis aus der Vergangenheit, mit dem ich gegenwärtig unterwegs sein kann. Ein weiterer Kreis, der sich schließt. Also, falls du das liest, ich lese es jetzt :)


Auch in dieser Saison lege ich wieder meinen Garten an. »Ich habe gehört, du bist jetzt Großbäuerin«, sagt er zu mir. Ich muss lachen. Bin ich doch kurz zuvor wie eine aufgescheuchte Zwiebel übers Gemüsefeld geeilt, weil ich dachte, das Leben könnte zu groß für mich werden. Ein Faden, der meine Grenzen (und die der Gemüseparzelle) festlegt, war verrutscht. Dabei sind es in wilden Zeiten Begegnungen und Momente wie diese, die mich hochschnellen lassen von meinem Sorgensofa, auf dem sich die Stapel türmen, immer höher werden. Auch um mich herum.

Umso dankbarer bin ich für Inseln, die ich mit Menschen bereisen darf, die ich schon lange kenne, und die jetzt wieder näher rücken. Für ein Frühstück unterm Sonnenschirm im Bulle Bistro. Wir teilen unser Brot und die Freude an der Vogelstimmen-App. Wochen später sitzen wir stundenlang und in Hitze auf dem Wünnerhof. Essen im Gleichklang und probieren die Speisekarte von vorne und hinten. Ich lasse mich so gerne begeistern.

Ein Sommer wiederholt sich. Skizziert sich erneut in mein Leben. Alles ist fragil.

Heilung rückt näher:

Im August will ich den echten Sommer noch einmal fühlen.

Ich zeichne zum ersten Mal in (m)ein August Artjournal. Bin Feuer und Flamme für all die zarten Impulse, die Ramona verschenkt. Groß-artig. Kritzle, verwerfe, (ver-)zweifle, befreie mich. Versuche auch hier meine Spur zu finden, die meine »innere Kritikerin« nur allzu oft sabotiert. Schmeiße alles um, fange neu an, halte inne. Gehe hinüber in den September.

Vorher erstehe ich auf dem »Sommerfest mit Stauden« in fünfter ;) Runde eine neue Tasse aus dem Holzfeuer. Erinnere mich der Mischung, die meine Freundin Manu mir aus ihrem Garten schenkte und an Thich Nhat Hanh. »Trinke meinen Tee«. Immer wieder. Kaufe eine Minigolf-Staude und pflanze sie neben die Hummelwippe. Der Minigolfplatz wird ein heilsamer Ort des Sommers. Ich schicke ein Danke auf die Bahnen zwischen Staudenbeeten und Streuselkuchen. Wie schön, dass es diesen Platz gibt. Und wie schön, dass er mit so viel Augenmaß und Pflanzlust gestaltet wurde.

Ich lese weiter. Mein Gartennachbar ermutigt mich, »Offene See« wieder aufzunehmen. Das tue ich. Zum Geburtstag kommt »Hase und ich« zu mir. Julie empfiehlt »Für Polina«. Endlich findet mich »Kitchen« von Banana Yoshimoto (ebenfalls ein Buch von damals!) – und taucht sogleich wieder in Doris Dörries »Wohnen« auf. Aus der Staudengärtnerei nehme ich Mely Kiyaks »Dieser Garten« mit. Die fabelhaften Nonnen aus Fulda starten mit mir in den Herbst, den ich mir noch sehr als Spätsommer wünsche. Ein Jahr schließt sich bald (sigh!).

Plötzlich steht eine Plastiktüte ortsansässiger Pfirsiche vor der Tür. Der Eifer packt mich und das Dopamin. Ich will was Neues ausprobieren und denke sofort an Marmelade. Es wird das erstbeste Rezept, das mir die Suchmaschine ausspuckt. Warum Zeit verlieren!? ;) Meine ist für einen Moment wieder hier.

Diese herrliche Marmelade (oder Konfitüre) schmeckt wie ein samtweicher Pfirsichmantel, der in seinen Taschen Thymian versteckt :)

Krautig, überraschend, voll und süß.

Pfirsichmarmelade mit Thymian

— Thymian trifft Pfirsich in der Konfitüre


:

Pfirsichmarmelade mit Thymian

Pfirsiche | Zitrone | Thymian | Gelierzucker

/ ergibt 5 Gläser à 250 ml


1,2 Kilogramm Pfirsiche waschen und/oder häuten, entsteinen und in kleine Stücke schneiden. Ich häute (aus Gründen), aber das ist natürlich kein Muss. Ist der Pfirsich (über)reif, geht das mit dem Messer wirklich blitzschnell. Je nach Pfirsichfärbung ergibt sich später ein anderer Farbton im Marmeladenglas.


Das Pfirsichklein pürieren, mit Saft und Schale einer Bio-Zitrone, mehreren frischen Thymianzweigen sowie 500 Gramm Gelierzucker 2:1 vermischen und (kurzzeitig) durchziehen lassen. So mache ich es gerne, Letzteres ist optional. Genauso wie die Zugabe von Vanille.


Auf- und weiterkochen nach Packungsanleitung, meist sind das sprudelnde 3 bis 4 Minuten. Ich nutze dafür seit eh und je einen Marmeladentopf aus Kupfer. Sag’s nur – jede*r entscheidet selbst :) Und wer (wie ich) Gelierzucker mit ausschließlich Pektin verwendet, also ohne Konservierungsstoffe oder andere Zusätze, sollte wissen, dass Pektin sich wieder auflöst, wenn es zu lange kocht.


Heiß in vorbereitete Gäser abfüllen.

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